Risiken falsch dargestellt
Nach dem Landgericht Kempten hat nun auch das Amtsgericht Kempten den Kaufmann Norbert Trunzer zu Schadensersatz gegenüber geprellten Anlegern des Fonds „AEGIS Class-C“ verurteilt. Trunzers Firma FINANZKONZEPTE hatte über mehrere Untervermittler den Fonds vertrieben und dabei Aufklärungspflichten verletzt, wie das AG Kempten nach einer Beweisaufnahme feststellte. Der für Trunzer handelnde Vermittler hatte dabei die in Wahrheit hochspekulative Anlage an einer dubiosen Auslandsgesellschaft als sichere Anlage verkauft. Dabei, so der Vermittler, habe er sich aber nur auf die Schulungen des Trunzer berufen.
Auf diversen Seminaren der Firma Finanzkonzepte soll der Fonds als sichere Kapitalanlage angepriesen worden sein, die Ruhe ins Depot bringe und bei welcher der Kapitalerhalt vor Rendite gehe. Tatsächlich wurde in hochspekulative Optionsgeschäfte investiert, gab es keinerlei Registrierung der AEGIS Ltd. in Deutschland und wurde offensichtlich in großem Umfang Geld an Unternehmen verliehen, ohne das deren Bonität entsprechend war.
Das AG Kempten hatte auch keine Zweifel daran, dass letztlich FINANZKONZEPTE Trunzer e.K. für die Falschberatung haften muß und nicht der unmittelbar vor Ort tätige Vermittler. Den zum einen trugen die Beitrittsanträge das vorgedruckte Firmenlogo der FINANZKONZEPTE, zum anderen erhielt diese Abschluß- und Vertriebsfolgeprovisionen, die wiederum teilweise an den Vermittler weitergeleitet wurde. Dadurch aber habe FINANZKONZEPTE jedenfalls die Beratung genehmigt und müsse auch dafür haften.
„Erfreulicherweise ließ sich nach dem Landgericht auch das Amtsgericht nicht auf die Argumentation des Ich-war-es-nicht ein. Sehr häufig versuchen Vertriebsgesellschaften, sich aus der Verantwortung zu stehlen und Beratungsfehler dem Vermittler anzulasten – obwohl sie selbst erhebliche Provisionen erhalten haben und die oft falschen Schulungen eben dieser Vermittler zu verantworten haben“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke, der den Anleger vor dem AG Kempten vertrat.
Die vor Ort tätigen Vermittler haften nur dann, wenn Vertretungsverhältnisse nicht offengelegt werden oder sich nicht aus den Umständen ergeben. Sie haften auch dann, wenn Sie ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch nehmen oder besondere, über die Vermittlungsprovision hinausgehende eigene Interessen verfolgen. Diese Fälle sind selten, so das in letzter Zeit. Z.B. das OLG Dresden (22.08.2007 – 8 U 0956/07) die Haftung des Vermittlers verneint hat, selbst wenn unerlaubte Handlungen der Kapitalanlagegesellschaft vorlagen. Das Landgericht Memmingen hat in einem ähnlichen Fall (06.05.2008 – 3 O 2243/07) ebenso die Haftung der Vertriebsgesellschaft wegen einer falschen Schulung bejaht.
FINANZKONZEPTE versucht nach aktuellen Erkenntnissen, die Vermittler dennoch in Regreß zu nehmen. Hier erscheint anwaltlicher Rat dringend angezeigt, da eine falsche Schulung über die Risiken der Kapitalanlage, wie im Urteil des AG Kempten angesprochen, nicht zu Lasten der Vermittler gehen kann.
Nachtrag 18.11.2009: Das Urteil ist vom Landgericht Kempten in der Berufung aufgehoben worden und die Klage abgewiesen worden (Urteil 5 S 1714/08 vom 11.02.2009). Das LG hatte zu Gunsten von Finanzkonzepte Norbert Trunzer e.K. die Verjährungseinrede gelten lassen. Die Anleger hätten schon unmittelbar nach Unterzeichnung durch Lektüre des Prospektes erkennen können, dass, so das LG wörtlich, „die gezeichnete Anlage entgegen der zuvor erfolgten Beratung keineswegs eine sichere, risikofreie Anlageform darstellte.“
„Damit erteilt das LG Kempten unseriösen Vertriebspraktiken gewissermassen die Absolution: Vermittlern wird ein Freibrief erteilt, Risiken zu verharmlosen, solange nur im Prospekt die Gefahren vom Anleger zu entnehmen sind. Das widerspricht den Grundgedanken der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ist aber häufig der einfachste Weg für die Gerichte, derartige Fälle zu schließen,“ meint Rechtsanwalt Röhlke, der die KLäger auch in der Berufung vertreten hat.