Rechtsprechung ausgeweitet
Der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch Urteil vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07) seine Rechtsprechung zur Aufklärung über so genannte „Kick-Back“ – Provisionen ausgeweitet. Nach dieser Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit dem Vertrieb eines Medienfonds durch eine Deutsche Großbank erging, ist nunmehr der Kapitalanleger über sämtliche Rückvergütungen aufzuklären. Das Urteil kann weit reichende Folgen für die Haftung von Kapitalanlagenberatern haben.
Die beklagte Bank hatte die ersten zwei Instanzen für sich entscheiden können. Im Kern wurde der Bank vorgeworfen, den Anleger nicht darüber aufgeklärt zu haben, dass die von diesem an die Fondgesellschaft gezahlten Ausgabeaufschläge (Agio) von 5 % vollständig an die Bank zurück flossen und die Bank darüber hinaus eine Platzierungsgarantie in Höhe von weiteren 3 % des Kommanditkapitals erhalten sollte sowie eine Sondervergütung von insgesamt 100.000,00 €.
In den Vorinstanzen wurde unter Berufung auf ein früheres BGH Urteil (III ZR 218/06 vom 22.03.2007) von den Richtern die Meinung vertreten, die Provision erreiche insgesamt die „kritische Schwelle“ von 15 % nicht, so dass hierüber nicht aufzuklären sei.
Dies hält der Bankensenat des BGH für fehlerhaft. Denn zum einen betraf das Urteil aus dem Jahre 2007 lediglich einen Kapitalanlagenvermittler, der nur geringere Informationspflichten als ein Kapitalanlagenberater zu erfüllen habe. Für Berater gelte dagegen das Urteil des 11. Zivilsenats vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) uneingeschränkt. Die dort niedergelegten Grundsätze gälten im Übrigen nicht nur für Aktienfonds, sondern selbstverständlich auch für geschlossene Fonds wie Medienfonds.
Im Rahmen eines Kapitalanlagenberatungsvertrages sei der Berater aber zu einer vollständigen Aufklärung über Rückvergütungen verpflichtet, und zwar unabhängig von der absoluten Rückvergütungshöhe. Im konkreten Fall war daher darüber aufzuklären, dass das Agio in voller Höhe von der Fondgesellschaft an den Berater zurückfließen sollte und dem Berater deswegen ein ganz erheblicher Anreiz traf, Anlegern gerade eine Fondbeteiligung an dem streitgegenständlichen Medienfond zu empfehlen. Damit der Anleger nun den Interessenkonflikt zwischen der Provision und der angeblich unabhängigen Beratung zutreffend beurteilen konnte, hätte er über die Rückflüsse informiert werden müssen. Der Umstand, dass zusätzlich eine Platzierungsgarantie und eine weitere Bonuszahlung von der Fondgesellschaft an die beklagte Bank versprochen wurden, verstärkt diese Aufklärungspflicht noch weiter.
„Der BGH misst damit den Kapitalanlagenberater an der selben Latte wie die aktuelle EU-Vermittlerrichtlinie“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian H. Röhlke. Nach dieser Richtlinie ist über sämtliche Provisionen aufzuklären. Allerdings gilt diese Richtlinie erst seit kurzem auf nationaler Ebene. Die vor Umsetzung der Richtlinie erfolgten Kapitalanlagenberatungen sind nunmehr auf der Grundlage des aktuellen BGH-Urteils zu beurteilen. Da insbesondere im Bereich geschlossener Fonds die an den Vertrieb gezahlten Provisionen weit über das offen ausgewiesene Agio von 5 % hinausgehen, dürfte das Urteil weit reichende Folgen für die Haftung des Kapitalanlagenberaters haben.
„Spannend wird die Frage werden, inwieweit die Instanzgerichte die Rechtsprechung aufnehmen und in welchem Maße eine Aufklärung durch die oft schwammigen Angaben zur Provisionshöhe im Emissionsprospekt angenommen wird“, meint Rechtsanwalt Röhlke.