BGH zum Haustürwiderruf bei Anlagegenossenschaften

vom 12. Mai 2011

Hoffnung für geprellte Genossen

In mehreren Urteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 01.03.2011 ein Widerrufsrecht für Mitglieder von Genossenschaften bejaht, wenn der Beitritt zur Genossenschaft vorrangig der Kapitalanlage diente. Röhlke Rechtsanwälte hatten den Kläger des Verfahrens II ZR 298/08 bis vor dem Thüringer OLG erfolgreich vertreten.
Der BGH hat nun die von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei vertretene Rechtsauffassung zum Widerruf derartiger Genossenschaftsbeteiligungen bestätigt.

Viele Kapitalanleger kennen die Unterschiede gar nicht: während die Kapitalanlageangebote des sog. Grauen Kapitalmarktes üblicherweise als Handelsgesellschaften nach dem Handelsgesetzbuch ausgestaltet sind, kam die Anlagebranche um die Jahrtausendwende auch mit Genossenschaftsbeteiligungen auf die Anleger zu. Diese seien gewissermassen das Ei des Kolumbus: denn zum einen könne man durch regelmäßige Zahlungen eine Art Sparvertrag abschließen und am Ende der Laufzeit mit hohen Gewinnen rechnen, zum anderen fördere der Staat die Sparform entweder durch die Zuschüsse zu den vermögenswirksamen Leistungen oder gar durch Zahlung der Eigenheimzulage, wenn die Genossenschaft sich wohnungswirtschaftlich betätigt.

Der BGH hätte sich nicht mit der Sache beschäftigen müssen, wenn die Angebote tatsächlich so brilliant gewesen wären. Im Gegenteil: in vielen Fällen wurde die gewährte Eigenheimzulage zurück gefordert, weil die Investitionsquoten zu gering waren, in einigen Fällen wurden schlicht Gelder veruntreut. Anleger suchten nach der Notbremse und ließen durch Anwälte vielfach einen Widerruf nach den Vorschriften für Haustürgeschäfte erklären.

Diese Vorschriften galten ursprünglich allerdings für normale Kaufverträge. Passten sie überhaupt auf so etwas wie Genossenschaftsbeitritte mit ihren vielfältigen Rechten und Pflichten und dem besonderen genossenschaftlichen Treueverhältnis? Die Anleger sagten ja und sahen eine deutliche Parallele zu den Beitritten zu Handelsgesellschaften in Form der Publikumsgesellschaften, bei denen der BGH schon seit langem eine Widerrufsmöglichkeit bejaht.

Einige Gerichte sagten unter Berufung auf undeutliche Nebensätze in einigen Entscheidungen der Bundesrichter nein. Der BGH musste die Sache entscheiden und entschied zu Gunsten der Verbraucher. Wenn die Beitritt nicht dem Zecke des Erwerbs der besonderen genossenschaftlichen Rechte und Pflichten diene, sondern sich als Beitritt zu einer „Anlagegenossenschaft“ darstelle, sei ein Widerruf des Beitritts möglich, wenn das Widerrufsrecht nicht verfristet sei.

„Erfreulicher Weise wurde unsere Rechtsauffassung hier voll bestätigt“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke, der zugleich auf die Aktualität dieser Entscheidungen hinweist. „Viele Genossenschaften versuchen derzeit, angeblich geschuldete Raten und Leistungsrückstände gerichtlich einzufordern.“ Röhlke berichtet u.a. von der Berliner Wohnungsgenossenschaft Saxonia e.G und rät Anlegern, einen spezialisierten Anwalt aufzusuchen.

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Über RA Christian Röhlke

Die Kernkompetenz der Kanzlei liegen im Bereich des Kapitalanlagenrechts und der angrenzenden Gebiete des Zivilrechts, insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht. Kapitalanlagenrecht Hauptsächlich werden Anleger im Bereich unrentabler stille Beteiligungen oder steuerbegünstigter Immobilienfonds betreut. Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei Kleinverdienern, denen vermietete Eigentumswohnungen zur Altersvorsorge als "Immobilienrente" schmackhaft gemacht wurden. Handelsrecht Ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt ist auch das Recht der Handelsvertreter, die Regelungen über Provisionen, Buchauszüge, Wettbewerbsverbote etc.