Beratungsvertrag auch ohne eigene Beratungstätigkeit
Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 19.03.2009 (III ZR 163/08) klar gestellt, dass die Beratungspflichten aus einem Kapitalanlagenberatungsvertrag und die entsprechenden Haftungsfolgen bei ihrer Verletzung auch den „Obervertrieb“ treffen können, wenn tatsächlich die Verhandlungen durch einen von diesen eingeschalteten „Untervertrieb“ vorgenommen worden.
Zu entscheiden war über Schadenersatzansprüche eines Anlegers im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Medienfond. Dieser Fond hatte eine Vertriebsgesellschaft mit einem Exklusivvertrieb des Kapitalanlageangebotes beauftragt. Diese Gesellschaft wiederum hatte die Vertriebsunterlagen zusammengestellt, auf denen sich der Vermerk befand, dass die Offerte von dem Exklusivvertrag präsentiert werde, von diesem überreicht werde, dass der Exklusivvertrieb auf die Konzeption und Strukturierung von komplexen Finanzierungen spezialisiert sei und das sie den Initiator in der Konzeptionsphase betreut habe. Die Vertriebsfirma selbst schaltet sodann aufgrund separater Vereinbarungen weitere Untervertriebe, konkret eine Bank ein. Diese wiederum benutzte die von der Vertriebsgesellschaft zusammengestellten Unterlagen, warb die Anleger und reichte die Unterlagen über die Vertriebsgesellschaft bei der Fondgesellschaft ein.
Der Anleger verklagte nicht etwa die Bank, mit der er die Beratungsgespräche geführt hat, sondern die Vertriebsgesellschaft. Ebenso wie das erstinstanzliche Oberlandesgericht Frankfurt/Main gab auch der Bundesgerichtshof letztlich dem Anleger Recht und bejahte eine Haftung der Vertriebsgesellschaft. Unter den vorliegenden Umständen, also der starken Einbindung der Vertriebsgesellschaft in Konzeption und laufende Abwicklung und Betreuung des Fondgeschäfts, sei eine Haftung der Fondgesellschaft selbst aus einem Beratungsvertrag nicht zu beanstanden. Ohne dass der Bundesgerichtshof explizit weiter ausführt, dürfte es sich hier um eine Anwendung der Grundsätze des so genannten „unternehmensbezogenen Geschäftes“ handeln. Demgemäß haftet bei einem Vertrag auch diejenige Firma, die selbst gar nicht in die Vertragsverhandlungen einbezogen war, wenn sie nach außen hin den Anschein des eigenen Geschäftes setzt oder aber durch (auch stillschweigende) Handlungen nachträglich das Geschäft genehmigt.
Das übliche Verteidigungsvorbringen verklagter Kapitalanlageberatungsfirmen, sie hätten für die Handlungen ihrer eingesetzten Untervertriebler nicht zu haften, dürfte somit noch fragwürdiger werden.