OLG Bamberg spricht Anleger Schadensersatz zu
Mit Urteil vom 21.04.2008 hat das Oberlandesgericht Bamberg die Kitzinger Steuerberatungsgesellschaft HVS Treuhand GmbH verurteilt, einem von der Rechtsanwaltskanzlei Röhlke vertretenen Anleger des „Care Life Trust I AG & Co. KG“ Schadensersatz zu leisten. Das OLG Bamberg änderte damit ein entgegenstehendes Urteil des Landgerichtes Würzburg ab und sprach dem Anleger 29.400,00 € zu.
Die Care Life I bot von 2004 bis 2005 Beteiligungen als mittelbarer Kommanditist dem interessierten Publikum an, also Beteiligungen an einer Kommanditgesellschaft über die zwischengeschaltete Treuhandgesellschaft HVS GmbH, deren Geschäftsführer Herr Stefan Sebold ist. Ab Mitte 2005 wurde dann die Folgebeteiligung Care Life II vertreiben. Das besondere an dem Beteiligungsmodell war, das die Gelder der Anleger in Immobilien und in besonderem Maße in Pflegeheime und Kliniken investiert werden sollte, wie es der Name auch nahelegt. Dabei wurde den Anlegern in den Beteiligungsvarianten „Growth-Lux“ und „Growth-S“ eine 100 %-ige Kapitalgarantie versprochen sowie eine garantierte Verzinsung.
Bei derartigen Versprechen handelt es sich aber seit einer Gesetzesnovellierung in 1998 um Bankgeschäfte, für die eine Erlaubnis der Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) nötig ist. Da die Care Life II eine solche Erlaubnis nicht besaß, wurde ihr der Geschäftsbetrieb von der BAFin am 31.03.2006 untersagt und ein Insolvenzverwalter mit der Abwicklung der Geschäfte betraut.
Die Care Life I AG hingegen kam der Untersagung durch eine Sitzverlegung in die Schweiz Anfang 2006 zuvor. Gleichwohl wird auch die Rechtsnachfolgerin der Care Life I, die Care Life AG, Zürich, wohl nicht die verbotenen Zusagen einhalten können.
Im Zusammenhang mit der Abwicklungsverfügung nahm die Staatsanwaltschaft Würzburg Ermittlungen wegen Betruges, Untreue und des Betreibens unerlaubter Bankgeschäfte auf, die zur Erhebung eine Anklage gegen den Initiator der Care Life Fonds, Herrn Roland Martin, und Herrn Stefan Sebold führten. Dabei stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass von den Einzahlungen der Anleger nur geringe Werte sichergestellt werden konnten.
Demgemäß wurde auch unter dem 11.03.2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Care Life II AG & Co. KG eröffnet. Welche Aussichten für die Anleger der Care Life II bestehen, hier noch substantielle Rückzahlungen zu erhalten, ist unbekannt. Bezüglich der nicht mehr deutscher Jurisdiktion unterstehende Care Life AG, Zürich, ist ebenfalls fraglich, ob Anleger ihre Einzahlungen zurück erhalten können.
Die Rechtsanwaltskanzlei Röhlke hatte vor diesem Hintergrund die Treuhandgesellschaft HVS GmbH für einen Mandanten auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) bestehen für Beteiligungstreuhänder im Zusammenhang mit Publikumsgesellschaften umfangreiche Aufklärungspflichten, die sich auch auf mögliche Risiken für die Anleger erstrecken. Diese Pflichten sah der Anleger insbesondere in Bezug auf das Angebot eines illegalen Geschäfts verletzt. Das LG Würzburg als erste Instanz teilte diese Ansicht nicht. Zwar sei im Ansatz eine Aufklärungspflicht aus dem Treuhandverhältnis zu bejahen, doch sei in dem Emissionsprospekt eine Klausel enthalten, nach welcher die HVS GmbH gerade nicht über Risiken aufklären müsse.
„Diese Ansicht beruhte auf einer Überdehnung des Wortlautes der Klausel“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke, der den Anleger vertritt. „Das OLG Bamberg sah richtiger Weise die Aufklärungspflichten über möglicherweise bestehende Verbote von der Klausel gerade nicht erfasst und sprach Schadensersatz zu.“
Inhaltlich orientierte sich das OLG dabei an der Rechtsprechung des BGH zur Göttinger Gruppe. Dort hatte der BGH ebenfalls zu erlaubnispflichtigen Geschäften entschieden, dass diejenigen, die sich professionell auf dem Kapitalanlagenmarkt bewegen, eine mögliche Erlaubnispflicht erkennen und die Anleger hierüber informieren müssen. Diese Pflicht treffe eben auch den Treuhänder.
Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus, auch ist offen, ob die HVS GmbH den Anspruch überhaupt wird bedienen können. Dennoch ist das Urteil für die Care Life – Opfer ein Erfolg, findet Röhlke.“Nicht nur die Treuhänder, Vorstände und Initiatoren einer Kapitalanlage sind professionell auf dem Markt tätig – insbesondere sind dies auch die Kapitalanlagenvermittler und Berater. Der BGH verlangt von Ihnen eine eigenständige Überprüfung der Plausibilität eines Anlageangebotes. Ein unerlaubtes Angebot kann aber nicht plausibel sein, so dass die Anleger ihre Schadensersatzansprüche gegen die Vertriebsmitarbeiter und Berater überprüfen lassen sollten.“