Es bleibt alles wie es ist.
Mit Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15.04.2010 wurde die bisherige Deutsche Rechtsprechung zur Rückabwicklung eines Beitritts zu einem geschlossenen Kapitalanlagefonds nach einem so genannten Haustürwiderruf bestätigt. Auf eine Vorlage des Bundesgerichtshofes hin haben die europäischen Richter sowohl die grundsätzliche Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsrechtes auf derartige Fondbeteiligungen bestätigt, als auch die bisherige deutsche Variante der Umsetzung nach den Grundsätzen der so genannten fehlerhaften Gesellschaft.
Nach bisherige deutscher Rechtsprechung ist das verbraucherschützende Hautürwiderrufs-Recht auf die Beitritte zu geschlossenen Immobilienfonds schon immer anwendbar gewesen. Wer von einem Vertreter in seiner Privatwohnung zur Unterzeichnung einer Beitrittserklärung zu einem solchen Fond bewegt wurde, hatte ein mindestens 14-tägiges Widerrufsrecht und konnte in dieser Zeit von seiner Entscheidung zurücktreten. Insofern unterschied sich nach deutscher Rechtsprechung der Beitritt zu einem Immobilienfond nicht von dem Abschluss etwa eines Zeitschriftenabonnements.
Unterschiede gab es allenfalls dann, wenn der Anleger bereits an den Immobilienfond gezahlt hat und, etwa weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, nach längerer Zeit als 14 Tagen von dem Vertrag zurückgetreten ist. Dann gab es, anders bei einem üblichen Austauschvertrag, nicht etwa die gezahlte Summe Geld im Austausch gegen die erhaltene Ware zurück, sondern den deutschen Verbrauchern wurde lediglich ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden. Verbunden mit dieser Kündigung war ein Recht, seine Gesellschaftsbeteiligung von der Fondgesellschaft abrechnen zu lassen und das dann noch bestehende Guthaben auszahlen zu lassen. Vereinfacht gesagt: Es gab das Geld nicht in voller Höhe zurück, sondern nur das was aus dem Geld geworden ist. Da die weitaus überwiegende Mehrzahl der Immobilienfonds in den ersten Vertragsjahren ausschließlich Verluste gemacht haben, gab es üblicherweise wenn überhaupt dann nur einen weitaus geringeren Teil der Einlage zurück, als ursprünglich geleistet wurde.
Das deutsche Haustürwiderrufsrecht geht auf eine europäische Haustürgeschäfte-Richtlinie (Richtlinie 85/577/egg des Rates vom 20.12.1985) zurück. Die etwas komplizierte deutsche Rückabwicklungsregelung ist in dieser Richtlinie nicht enthalten, so dass dem Bundesgerichtshof zuletzt Zweifel kamen, ob die oben genannte Rechtsprechung mit der europäischen Haustürgeschäfte-Richtlinie vereinbar war. Die Verbraucher haben sich demgemäß eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofes erhofft, nach welcher die Rückabwicklungsfolgen nach deutschem Recht für unzulässig erklärt worden und schlicht das ganze Geld in voller Höhe an den Verbraucher zurück zu zahlen wäre.
Die Fondanbieterseite dagegen hatte ebenfalls große Hoffnungen in das Urteil des EuGH gesetzt, da die Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof für diese Angelegenheiten Verica Trestenjak in ihren Schlussanträgen vom 08.09.2009 die Auffassung vertreten hatte, dass Haustürwiderrufsrecht sei auf derartige Gesellschaftsbeteiligungen grundsätzlich überhaupt nicht anwendbar, so dass es auf die Rückabwicklungsfolgen auch gar nicht mehr ankäme. Diese Ansicht der Generalanwältin hätte die Verbraucherrechte in Deutschland entscheidend geschwächt, war allerdings nicht unbeachtlich: der Europäische Gerichtshof folgt im Regelfalle der Ansicht der Generalanwälte.
Mit der Entscheidung vom 15.04.2010 hat der Europäische Gerichtshof dagegen weder den Hoffnungen der Verbraucher, noch den Hoffnungen der Anbieter Recht gegeben. Vielmehr hat er entschieden, dass alles beim Alten bleibt. Wie schon bisher in der deutschen Rechtsprechung, bleibt es dabei, dass das Haustürwiderrufsrecht auf derartige Gesellschaftsbeteiligungen anwendbar ist, wenn diese vorrangig dazu abgeschlossen werden Kapital anzulegen. Dies ist bei den Kapitalanlagegesellschaften des Grauen Kapitalmarktes in Deutschland der Fall. Allerdings bleibt es auch dabei, dass im Falle eines erklärten Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsrecht die Rückabwicklungsfolgen nach der so genannten fehlerhaften Gesellschaft zu bestimmen sind: es gibt das Geld nicht in voller Höhe zurück, sondern nur den Anspruch auf Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens und dessen Auszahlung.
Damit bleibt alles wie es ist. „Ein Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz kann sich für Anleger dennoch lohnen, etwa bei weiter bestehender Ratenzahlungspflicht in einen erkennbar unrentablen Fond oder wenn die Befürchtung besteht, der Fond werde die nächsten Jahre nicht überleben. Dann kann das Haustürwiderrufsrecht ein Mittel sein, einen Strich unter die Sache zu ziehen“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke.