Fehlende Ausschüttung setzt Verjährung in Lauf

vom 5. Juni 2008

–Geschlossene Immobilienfonds nicht zur Alterssicherung geeignet

Anleger haben Anspruch auf Zinsschaden – Urteil des OLG Celle

Das OLG Celle hat in einem Urteil vom 07.08.2008 (3 U 6/08) wichtige Feststellungen für geprellte Anleger geschlossener Immobilienfonds getroffen. So ist nach diesem Urteil ein geschlossener Immobilienfonds keine sichere, zur Alterssicherung dienende Anlage. Das ist als These begrüßenswert für viele Kapitalanleger, denen geschlossene Fonds mit genau diesem Argument verkauft wurde – sie können sich demnach auf Falschberatung berufen. Aber das OLG Celle mischt auch Wasser in den Wein: wer erkennt, das die versprochenen Ausschüttungen ausbleiben, hat auch Kenntnis von der Fehlberatung. Damit beginnt die kurze, dreijährige Verjährungsfrist zu laufen.

Im konkreten Fall klagte ein Anleger wegen Falschberatung gegen eine Bank. Der Kläger erwarb 1993 einen geschlossenen Immobilienfonds, der als „Blind Pool Modell“ aufgelegt war, dessen Anlageobjekte also noch nicht feststanden. Es war lediglich klar, das der Kläger drei Jahre später in Rente gehen wollte und das in Ost-Immobilien investiert werden sollte. Ausschüttungen erbrachte der Fonds entgegen den Angaben der Beklagten und des Prospektes nie.

Das OLG Celle wies die Klage letztlich wegen Verjährung ab, bestätigte aber zuvor noch einige anlegerfreundliche Tendenzen der Rechtsprechung. So sei bereits mit der Aufnahme eines Beratungsgespräches durch die Bank eine Beratungsvertrag mit Haftungsfolgen zustande gekommen. Der Beratungsvertrag verpflichte die Bank zur sog. Anlegergerechten Beratung, also zur Berücksichtigung des besonderen Anlegerprofils des Klägers. Der Bank war bekannt, das der Kläger in drei Jahren in Rente gehen wollte und seine niedrigen Altersbezüge ergänzen wollte, so daß sie diesen Umstand hätte berücksichtigen müssen. Nach Ansicht des OLG Celle wurde dies aber gerade nicht getan, da eine Beteiligung an einem Blind-Pool-Immobilienfonds „eine eher spekulative Anlage“ sei und eben keine sichere Anlage.

Bestätigt wird auch, das die Übergabe des Emissionsprospektes erst nach der Unterschrift des Anlegers eine ordentliche Aufklärung nicht ersetzt und das es, anders als manche Oberlandesgerichte dies annehmen, keinen Raum für den sog. Mitverschuldenseinwand gibt. Denn dem Anleger, der bewußt einen Sachkundigen bei der Anlageentscheidung hinzuzieht, muß auf die Auskünfte des Beraters vertrauen dürfen. Ihm kann nicht vorgeworfen werden, dass er selbst schuld an der Misére ist.
Wichtig sind auch die Ausführungen des Gerichts zur Frage der entgangenen Zinsvorteile des Anlegers. Denn der Kläger hatte 1993 viele weitere (allerdings sichere) Kapitalanlagen gezeichnet, die mit über 4 % verzinst waren. Hätte er nicht die streitgegenständliche Anlage abgeschlossen, hätte er diesen Gewinn eingestrichen, so das der Schaden um diese fiktiven Zinsen zur erhöhen war.

Allerdings kam der Anleger schließlich doch nicht zu seinem Recht: denn der Anspruch war verjährt. Seit 2002 verjähren derartige Schadensersatzansprüche in drei Jahren, beginnend jeweils am 31.12. des Jahres, in dem der Anleger Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt. Wann diese Kenntnis nun vorliegt, ist hoch umstritten. Häufig wird auf den ersten Gang zum Anwalt abgestellt. Andere stellen darauf ab, wann der Prospekt mit den Risikohinweisen tatsächlich übergeben wurde oder ab wann die ersten negativen Jahresberichte des Beteiligungsunternehmens veröffentlicht werden. Das OLG Celle entnahm die grob fahrlässige Unkenntnis von der Falschberatung dem völligen Ausbleiben jedweder Ausschüttung von Anfang an. Denn da der Anleger ja seit 1995 seine Rente hatte aufbessern wollen, wußte er schon ab diesem Zeitpunkt um die Falschberatung.

„Das Urteil gibt den Anlegern Brot und Steine,“ so der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke. “Erfreulich ist das klare Bekenntnis zur Frage der fehlenden Eignung von Blind-Pool-Fonds zur Alterssicherung und zur Frage des entgangenen Gewinns. Aber die Verjährungsgefahr zwingt Anleger zu schnellem Handeln.“
Anleger mit ähnlich unvorteilhaften Kapitalanlagen sollten beizeiten einen spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen und bedenken, das Verjährungsfristen auch zum Jahresende ablaufen und durch Klagen oder Mahnbescheide unterbrochen werden können. Erfahrungsgemäß nehmen daher viele Anwälte am Jahresende keine neuen Mandate mehr an – Arbeitsüberlastung.

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Über RA Christian Röhlke

Die Kernkompetenz der Kanzlei liegen im Bereich des Kapitalanlagenrechts und der angrenzenden Gebiete des Zivilrechts, insbesondere im Handels- und Gesellschaftsrecht. Kapitalanlagenrecht Hauptsächlich werden Anleger im Bereich unrentabler stille Beteiligungen oder steuerbegünstigter Immobilienfonds betreut. Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei Kleinverdienern, denen vermietete Eigentumswohnungen zur Altersvorsorge als "Immobilienrente" schmackhaft gemacht wurden. Handelsrecht Ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt ist auch das Recht der Handelsvertreter, die Regelungen über Provisionen, Buchauszüge, Wettbewerbsverbote etc.