Kammergericht: Vorstand Puttrus der Saxonia e. G. soll für falsche Angaben haften
Mit einem Beschluss vom 14.01.2013 erstreckt das Berliner Kammergericht die Haftung für fehlerhafte Prospektangaben im Rahmen der Beitrittswerbung von Genossen zu sogenannten Anlagegenossenschaften auch auf die Gründungsgesellschafter der Genossenschaft.
Im konkreten Fall wurde dem Vorstand Rüdiger Puttrus der Wohnungsbaugenossenschaft Saxonia e. G. zum Vorwurf gemacht, in den Jahren 2005 bis 2008 in dem von der Saxonia e. G. verwendeten Emissionsprospekt ohne weitere Einschränkung darauf hingewiesen zu haben, dass die Anleger die Eigenheimzulageleistungen des Staates erhalten konnten. Tatsächlich waren bereits in 2007 mindestens zwei gerichtliche Entscheidungen ergangen, die diese Eigenheimzulageleistung in Frage stellten. Letztlich wurde höchstrichterlich entschieden, dass die Saxonia e. G. nicht förderungswürdig war und dass die Anleger ihre Eigenheimzulageleistung nicht beantragen können bzw., sofern bereits geschehen, zu Unrecht beantragt hatten und diese zurückzahlen müssen.
Die Entscheidung des Kammergerichtes erging im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens und ist noch kein Urteil. Allerdings zeigt die Entscheidung, dass die Gründungsgesellschafter einer Genossenschaft von der Rechtsprechung nicht anders behandelt werden sollen, als die Hintermänner einer anderen Publikumspersonengesellschaft.
Damit wird der Verbraucherschutz ausgeweitet
„Der Beschluß schließt eine wichtige Schutzlücke für den Verbraucher. Gerade im Bereich des grauen Kapitalmarktes wird damit gerechnet, dass in nächster Zeit die Publikumspersonengesellschaften verstärkt als Genossenschaften konzipiert werden“, erläutert der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke, der seinen Mandanten vor dem Kammergericht zu diesem Beschluss verholfen hat. Wichtige gesetzliche Schutz-Regelungen gelten für Genossenschaften gerade nicht, so dass diese weiterhin nahezu unreguliert Kapitalanleger einsammeln können. Das Kammergericht hat allerdings jetzt die bisherige Rechtsprechung zur Prospekthaftung genau in diesem Bereich ausgedehnt, so dass die Anleger nicht völlig schutzlos gestellt werden.
Durch diese Entscheidung können betroffene Anleger neue Hoffnung schöpfen. Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke: „Gerade für die ohnehin gebeutelten Anleger der Saxonia e. G., die zum Teil ihre bereits erlangten Steuervorteile zurückzahlen müssen, stellt das Urteil eine echte Handlungsoption dar: Nunmehr kann versucht werden, finanzielle Schäden von den verantwortlichen Gründungsgesellschaftern der Saxonia e. G. zurückzubekommen.“
Update vom 08.10.2013: In dem Beschluß vom 14.01.2013 legte der laut Geschäftsverteilungsplan schwerpunktmäßig für das Handels- und Gesellschaftsrecht zuständige 23. Zivilsenat des Kammergerichts dar, dass eine Haftung des Herrn Puttrus als Gründungsgenosse der Wohnungsbaugenossenschaft SAXONIA e.G. aus vorvertraglicher Haftung in Form der Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht käme. Puttrus sei vorzuwerfen, er habe unzutreffend über die Chancen und Risiken der Steuerbegünstigung nach dem WoPG aufgeklärt. Im Zeitpunkt der Zeichnung sei offensichtlich gewesen, dass die Rechtslage diesbezüglich ungewiss war.
Daraufhin wurde die Berufung ordnunsggemäß durchgeführt und am 27.06.2013 über die Angelegenheit mündlich vor dem Kammergericht verhandelt. Die Einzelrichterin teilte im Verlaufe der Verhandlung mit, die in dem PKH-Beschluß geäußerte Rechtsmeinung des Gerichts habe sich nicht geändert und würde nunmehr auch zu einer entsprechenden Verurteilung des Puttrus führen. Einzig aufgrund des geringen Streitwertes und der zu erzielenden Zeitersparnis entschloß sich der Kläger (der ge- und enttäuschte Genosse der SAXONIA e.G.), einem Vergleich mit Herrn Puttrus zuzustimmen, der ihm einen Großteil der eingeklagten, bisher an die SAXONIA e.G. gezahlten Beiträge, sicherte. Die Vergleichssumme ist inzwischen bezahlt.
Betroffene Anleger sollten prüfen, welche weiteren Ansprüche und Möglichkeiten für die Schadensbegrenzung geltend gemacht werden können. Röhlke empfiehlt allen Anlegern den Gang zum spezialisierten Anwalt.