Juragent: Staatsanwaltschaft Berlin erhebt Anklage

vom 28. April 2009

Wer finanziert die Prozesse der Anleger?

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat im Zusammenhang mit der skandalumwitterten Prozessfinanzierungsgesellschaft „Juragent“ Anklage gegen den ehemaligen Vorstand Mirko Heinen, den Mittelverwendungskontrolleur und Rechtsanwalt Wolfgang Gierk sowie zwei weitere Angeschuldigte erhoben (AZ: 3 Di Js 3667/07). Heinen befindet sich in Untersuchungshaft. Vorgeworfen wird den Angeschuldigten im Wesentlichen, das Geld der Anleger der „Juragent-Proszessfinanzierungsfonds“ als Mitglieder einer Bande veruntreut zu haben sowie Urkundsdelikte begangen zu haben.

Die Anklageschrift bildet den vorläufigen Höhepunkt der an Skandalen nicht eben armen Geschichte der Juragent-Fonds (PKF1 – 4). Der Geschäftsmann Mirko Heinen wollte mit diesen Fonds das Vermögen der Anleger mehren, indem vielversprechende Prozesse finanziert würden und der Fond selbst sich zu 30 % an den Prozessgewinnen beteiligen liess. Die Anleger brachten in allen vier Fonds zusammen ca. 80 Millionen Euro als Einlagekapital auf. Der Verbleib des Geldes ist unklar. Kurz vor der Verhaftung Heinens und der Umbesetzung des Vorstandes der Juragent AG sind noch Gelder in erheblichem Umfang in die Schweiz transferiert worden. Heinen wird auf vorgeworfen, mit dem Geld der Anleger das Geschäft eines Nachtclubs in Berlin (bezeichnenderweise mit dem Namen „Rich-Club“) gestützt zu haben sowie Boxkämpfe promotet zu haben. Ein Teil der Gelder ist arrestiert.

Für die Anleger stellt sich nun natürlich die Frage, was zu tun ist. Wie aus mehreren Schreiben des Anlegerbeirates über die Fonds ersichtlich ist, sind die in Aussicht genommen Prozessfinanzierungen nicht in den erforderlichen Volumen vorgenommen worden. Tatsächlich sind weitaus weniger Prozesse finanziert worden, als ursprünglich angedacht war. Vor diesem Hintergrund ist bereits die Laufzeit der Fonds um 3 Jahre verlängert worden. Ob in dieser längeren Laufzeit allerdings das möglicherweise veruntreute oder sonstig abhanden gekommene Geld von der neuen Geschäftsführung der PKF 1 – 4 wieder erwirtschaftet werden kann, bleib dagegen offen.

„Den hier vertretenen Mandanten empfehle ich die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber den Verantwortlichen“, meint der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke, der mehrere Anleger des PKF 4 vertritt. So sei zunächst einmal an Prospekthaftungsansprüche gegenüber den Verantwortlichen zu denken. „Zentrale Figur der Juragent-Fonds war der Geschäftsführer Heinen. Dieser hatte allerdings bereits seit dem Eintritt der Strafmündigkeit Vorstrafen angehäuft, unter anderem wegen Betruges. Ebenso der Mittelverwendungskontrolleur, der bezeichnender Weise bereits im Februar 2006 unter dem Vorwurf der Untreue festgenommen wurde. Die Kaution für den Mittelverwendungskontrolleur wurde ausgerechnet aus dem Vermögen der Juragent AG bezahlt“, teilt Rechtsanwalt Röhlke mit. Wenn aber Schlüsselpersonen, die für die Vertrauensbildung der Anleger in die Geschäftsführung des Fonds maßgeblich sind im Zusammenhang mit derartigen Delikten zu bringen sind, hätte der Emissionsprospekt dies mitteilen müssen. Hätten die Anleger hiervon Kenntnis gehabt, hätten sie sich nicht beteiligt.

Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus der verschachtelten Struktur der Juragent-Fonds. Im Falle des PKF 4 sollten die Anleger konzeptionsgemäß das Geld zunächst an die Treuhandgesellschaft Treu-Kommerz einzahlen, welche es dann anschließend nach Mittelverwendungsfreigabe über die Verwaltungsgesellschaft Juragent Verwaltungs GmbH an die Juragent AG zur freien Verfügung weiterleitete. Satte 83,3 % der von den Anlegern eingesammelten Kommanditeinlagen sollten auf diese Weise als Geschäftsbesorgervergütung für die gesamte Fondslaufzeit an die Juragent AG fließen. Dies sah ein Geschäftsbesorgungsvertrag so vor, der im Gegenzug lediglich die Verpflichtung der Juragent AG begründete, die erwirtschafteten Gewinne an die Juragent GmbH & Co. KG zurück zu zahlen. Im Ergebnis bedeutet dies eine Weiterleitung von ca. 25 Millionen Euro an die Juragent AG zu deren freier Verfügung ohne jegliche Sicherheitsabreden. Es besteht lediglich eine vertragliche Verpflichtung der Juragent AG, evtl. angefallene Gewinne an die Fondgesellschaft zurück zu zahlen.

Röhlke bereitet für Anleger Klagen, unter anderem gegen Prospektverantwortliche, vor.

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Über RA Christian Röhlke

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