Das Landgericht Karlsruhe hat in einer von der Öffentlichkeit
weitgehend unbemerkten Entscheidung vom 03.02.2006 (5 O 110/05) einem Anleger eines geschlossenen Immobilienfonds Recht gegeben und die Bank zur Rückzahlung der Darlehenssumme verurteilt. Das besondere an dem Urteil: das Landgericht spricht sich mit deutlichen Worten auch für eine Sittenwidrigkeit derartiger Haustürgeschäfte aus.
Wir erlauben uns eine Wiedergabe im Wortlaut :
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Da der Klage bereits aufgrund der Anspruchsgrundlagen „Haustürwiderruf“ und „Darlehensnichtigkeit gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG“ stattzugeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob der klägerische Rückabwicklungsanspruch noch auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt werden kann, darauf nämlich, dass die hier in Rede stehenden Verträge, der Eintritt in die Fondsgesellschaft und der Darlehensvertrag, wegen Sittenwidrigkeit nichtig sind. Es ist anerkannt, dass Haustürgeschäfte, bei denen unerfahrene Kunden zu für sie völlig unangemessenen Verträgen veranlasst worden sind, gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoßen können (Palandt, BGB, 65. Aufl., § 138 Rn. 18), und es ist naheliegend, dies bei kreditfinanzierten Immobilienanlagegeschäften wie hier anzunehmen, soweit solche Geschäfte Personen der unteren und mittleren Einkommensschichten haustürgeschäftlich vermittelt werden, denen Verträge dieser Art völlig fremd sind. Bei diesen Verträgen kommen mehrere Umstände zusammen, die zusammen betrachtet zu der Sittenwidrigkeitsprüfung Anlass geben:
1. Die im Rahmen von Treuhändermodellen angebotenen Immobilienanlagen – Gesellschaftsanteile an Immobilienfondsgesellschaften oder Eigentumswohnungen, die in einem Pool treuhänderisch verwaltet werden – sind sehr risikoträchtig. Die Immobilien bzw. Beteiligungen werden vielfach zu stark überhöhten Preisen angeboten. Hinzu kommen in der Regel erhebliche – teils den Initiatoren, teil den Vermittlern zugute kommende – Provisionen und sonstige Nebenentgelte. Nicht selten ist es auch so, dass die Immobilie oder Beteiligung zu einem Zeitpunkt angeboten wird, zu dem der Initiator oder eine für das Projekt wesentliche Gesellschaft (etwa wenn von dieser eine Mietgarantie übernommen wurde) schon, insbesondere nach bereits verlustreichen früheren Projekten, unmittelbar vor der Insolvenz steht. Selbst wenn es aber der Kunde mit Verkäufern zu tun hat, die seriös sind und zu angemessenen Preisen anbieten: Der Immobilienmarkt als solcher ist sehr risikoreich; Immobiliennachfrage, Grundstückspreise und Mieten können sich (nach Jahren einer guten Konjunktur u.U. sehr überraschend) stark nach unten bewegen.
2. Zum erheblichen Risiko kommt bei den vorliegenden haustürvermittelten Vermögensanlagen hinzu, dass sie auf Kreditbasis finanziert werden, und zwar nicht bei Kapitalanlegern, die an sich vermögend sind und die Kreditfinanzierung nur aus steuerlichen Gründen wählen, sondern bei Personen, die nichts haben und aus diesem Grund den Kredit aufnehmen müssen. Dieses Moment der kreditierten Spekulation macht die Geschäfte besonders bedenklich und bringt sie in einen Bereich, in dem der Privatautonomie sittlich-rechtliche Schranken gesetzt sind. Denn bei risikoreich-spekulativen Verträgen, die schon mehr oder weniger aleatorische Züge tragen, wird stärker oder weniger stark die Wertung des § 762 BGB relevant: Wer spielt, mag den vorhandenen Einsatz verspielen; Spielschulden werden von der Rechtsordnung nicht als verbindlich anerkannt. Und insofern macht es sittlich-rechtlich auch einen wesentlichen Unterschied, ob es ein vermögender Anleger ist, der sich an einer „ Abschreibungs “-Gesellschaft oder einem sonstigen sehr risikoreichen Projekt beteiligt und der den etwa eintretenden Verlust tatsächlich „abschreiben“ kann, oder ob der Partner des Wagnisgeschäfts einer ist, der nichts hat, um den Minusposten des eventuellen späteren Verlusts auszugleichen, und mit diesem für die Zukunft belastet bleibt, zu Lasten seiner elementaren Bedürfnisse, eventuell sogar zu Lasten Dritter.
3. Ein drittes Moment der vorliegenden Vermögensanlagen – in gewisser Weise mit dem Risikocharakter zusammenhängend, aber doch ein eigener Umstand, der dem Geschäft wiederum den Stempel der wirtschaftlichen Unüblichkeit und Unangemessenheit aufdrückt – ist die sich für den Anleger ergebende langdauernde Bindung. In dieser Hinsicht ist von Bedeutung, dass es sich aus der Sicht des Kunden, und so wird das Geschäft ausdrücklich angeboten, um einen Vertrag handelt, der der künftigen Vermögensbildung durch Aufbringung laufender Sparraten dient. Bei derartigen Anspar-Vermögensbildungen ist es üblich und selbstverständlich, dass sie für die Zukunft jederzeit beendet werden können; denn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können sich ändern, und dann muss die Entscheidung, wie das laufende Einkommen vorrangig zu verwenden ist, neu getroffen werden können. Dementsprechend sind Spar- und Bausparverträge nach den üblichen Vertragsbedingungen jederzeit kündbar, und für die Kapitallebensversicherung mit laufender Prämienzahlung ist in den §§ 165, 174, 178 VVG die jederzeitige Kündbarkeit sogar zwingend vorgeschrieben: eine wesentliche gesetzliche Wertung, die bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung gemäß § 138 BGB nicht außer Betracht bleiben kann (vgl. zur Berücksichtigung anderweitiger gesetzlicher Wertentscheidungen bei der Anwendung des § 138 BGB: Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 138 Rn. 41). Diese jederzeit freie Kündbarkeit aber ist bei den vorliegenden kreditfinanzierten Immobilienanlagen, die wirtschaftlich Ansparverträge sein sollen, nicht gegeben. Von den laufenden Kreditraten (den Zinsen und Tilgungsbeträgen bzw. Prämien der etwa geschlossenen Tilgungsversicherung) kann sich der Immobilienanleger mit Kreditfinanzierung nicht unmittelbar durch eine vorzeitige Kündigung befreien. Er kann nur versuchen, das von ihm erworbene Objekt, das finanziert worden ist, zu veräußern. Das ist aber, auch wo rechtlich keine Hindernisse bestehen (z.B. Erfordernis der Zustimmung der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft bei der Übertragung einer Immobilienfondsbeteiligung), häufig aus wirtschaftlichen Gründen stark eingeschränkt oder unmöglich, soweit nämlich die Immobilie oder der Gesellschaftsanteil nur mit erheblichem Verlust zu veräußern ist. Dann bleibt der Anleger mit seiner Verpflichtung zur Aufbringung der laufenden Sparraten (mit denen allerdings nur noch teilweise „gespart“ wird und ansonsten Verluste ausgeglichen werden) auf Jahre gebunden.
4. Diese nach allem in der Regel von vornherein nachteiligen, allzu stark einengenden und auf jeden Fall äußerst riskanten Anlageverträge werden nun zwischen Parteien geschlossen, die, was geschäftliche Erfahrung, Beurteilungsvermögen und Fähigkeit zur Interessenwahrnehmung betrifft, in krassester Weise ungleich sind. Insoweit gibt die haustürgeschäftliche Werbung den Geschäftsabschlüssen das entscheidende Gepräge. Wie ausgeführt, sind die Haustürgeschäftskunden fast ausnahmslos Menschen aus einfachen Verhältnissen, denen kreditfinanzierte Immobilienanlagen völlig fern liegen und die die erheblichen Gefahren der für sie meist unsinnigen Geschäfte nicht im entferntesten ahnen und beurteilen können; Kapitalanleger, für die nach ihrer geschäftlichen Erfahrung und ihren Vermögensverhältnissen derartige Immobilienanlagen richtigerweise in Betracht kommen, wählen sich ihre Anlageberater selbst und würden sich auf diesbezügliche Haustürgeschäfte von vornherein nicht einlassen. Wer aber sind die Kontrahenten dieser unwissenden, gänzlich unvorbereiteten Kunden? Nicht etwa, was bei derart weitreichenden, komplizierten Verträgen unbedingt notwendig wäre, seriöse, auch bei einem eigenen Interesse am Vertragsschluss einigermaßen objektiv beratende Verhandlungspartner, wie es z.B. bei beratenden Bankmitarbeitern im allgemeinen vorausgesetzt werden kann (die Kreditinstitute halten sich hier aus dem Feld der Verhandlungen völlig heraus und prüfen und kontrahieren ausschließlich „aus der Ferne“). „Berater“ und Verhandelnde sind die typischen Haustürvermittler, die im Rahmen der „Strukturvertriebe“, für die sie tätig sind , was die Kundenüberrumpelung bei den vorliegenden Geschäften betrifft, bestens geschult und mit Argumentationsmaterial versehen sind (vgl. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427 , 430 f.) und die wegen ihres unmittelbaren Provisionsinteresses das Geschäft ohne Rücksicht auf die Belange des von ihnen „Beratenen“ um jeden Preis zustande bringen wollen. Der Kunde hat den verlockenden Anpreisungen dieser Vermittler (Prestigeargument „Immobilienbesitz“; Steuerersparnis; der Erwerber muss sich um nichts kümmern; alles wird durch einen über jeden Zweifel erhabenen Treuhänder erledigt; alles bankgeprüft; todsichere Vermögensanlage; jederzeit verkäuflich; Mietgarantie usw.; vgl. Fuellmich/Rieger a.a.O.), weil das außerhalb seiner Erfahrung liegt, nichts entgegenzusetzen. Ganz abgesehen von den hier gängigen betrügerischen Zusagen und Aufklärungsunterlassungen, die später, wenn es zur rechtlichen Auseinandersetzung kommt, mangels neutraler Zeugen in der Regel nicht nachweisbar sind.
5. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung müssen die Zivilgerichte vornehmlich bei der Auslegung und Anwendung von Generalklauseln wie § 138 und § 242 BGB die grundrechtliche Gewährleistung der Privatautonomie in Art. 2 Abs. 1 GG beachten. Daraus folgt ihre Pflicht zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die einen der beiden Vertragspartner außergewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sind. Dass die Zivilrechtsordnung bei Vertragsfolgen, die für den unterlegenen Vertragsteil ungewöhnlich belastend sind, reagieren und Korrekturen ermöglichen muss, folgt des weiteren aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) (BVerfGE 81, 242, 254 ff.; BVerfG, ZIP 1994, 1516). Gerade mit den sozialstaatlichen Anforderungen ist die Zulassung der hier in Rede stehenden Haustürgeschäfte schwer in Einklang zu bringen. Erfordert das Sozialstaatsgebot schon in gewissem Umfang einen Ausgleich und Hilfen zu Gunsten des sozial Schwächeren, so ist es mit sozialem Denken und im übrigen mit jeder Moral sicherlich unvereinbar, zivilrechtlich zu tolerieren und in Anwendung des „pacta sunt servanda“ zu sanktionieren, dass der sozial Schwächere durch aggressive Vertriebe, die seine Eigensphäre und seinen Freiheitsbereich missachten, dominiert wird und er durch Verträge, die für ihn viel zu riskant und seinen Verhältnissen nicht angemessen sind, geschädigt und u.U. in Not gebracht wird. In diesem Zusammenhang gebrachte Argumente wie „mündiger Bürger“ oder „volenti non fit iniuria“ verkennen in extremer Weise die völlige Unterlegenheit und das Ausgeliefertsein einfacher Menschen gegenüber ausgeklügelter Werbung und der Verkäufereloquenz und Scheinseriosität geschickter Vermögensanlage- und Kreditvermittler.
6. Falls all dies zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der kreditfinanzierten Anlagegeschäfte, die als Haustürgeschäfte zustande kommen, führt, lässt sich diesem Ergebnis nicht entgegenhalten, dass das frühere Verbot des Abschlusses und der Vermittlung von Darlehensverträgen im Reisegewerbe gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, aufgrund dessen haustürvermittelte Darlehensverträge von der Rechtsprechung grundsätzlich gemäß § 134 BGB als nichtig behandelt wurden (BGHZ 71, 358; weitere Nachweise bei Sack, in: Staudinger, BGB, §§ 134 – 163, Bearbeitung 1996, § 134 Fußnote zu Rn. 233), durch das Verbraucherkreditgesetz mit Wirkung ab 1.1.1991 aufgehoben worden ist, und zwar aufgehoben mit der Begründung, das befristete Widerrufsrecht des § 7 VerbrKrG entspreche den Interessen des Verbrauchers besser als „die schematische Annahme der Nichtigkeit“ des Kreditvertrages gemäß § 134 BGB i. Verb. m. § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO, und mit der Einführung dieser Vorschrift sei das Bedürfnis für § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO weitgehend entfallen (BT-Drucks. 11/8274 S. 23; ebenso im Hinblick auf das bereits seit 1986 geltende Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz: BGH, Urt. v. 16.1. 1996 – XI ZR 116/95 – BGHZ 131, 385, 389).
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es hier nicht um haustürvermittelte Darlehen schlechthin geht, sondern um haustürvermittelte Immobilienanlagen im Rahmen von Treuhandmodellen, die darlehensfinanziert sind. Diese kombinierten Verträge sind für den Haustürkunden weit gefährlicher und um vieles undurchschaubarer als ein normales Darlehen, und speziell bei ihnen ist – dies wurde schon ausgeführt (vorstehend unter I 1 b dd), und dies gilt auch gegenüber dem Argument, die Materie sei durch das Haustürwiderrufsgesetz abschließend geregelt – die kurze, einwöchige Widerrufsfrist ein absolut unzureichender Schutz. Abgesehen aber von dem danach ganz unterschiedlichen Anwendungsbereich der jeweiligen Vertragsnichtigkeit – die Nichtigkeit gemäß § 138 BGB bei den haustürvermittelten kreditfinanzierten Immobilienanlagen ein Spezialfall gegenüber der Nichtigkeit sämtlicher haustürvermittelter Darlehensverträge nach dem früheren § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO i. Verb. m. § 134 BGB wie auch gegenüber der beschränkten Unwirksamkeitsregelung des Haustürwiderrufsgesetzes bei den normalen Haustürgeschäften -, hindert die Aufhebung einer gesetzlichen Verbotsvorschrift nicht, im selben oder in einem ähnlichen Bereich nunmehr § 138 BGB anzuwenden, diese elementare der Vertragsfreiheit Schranken setzende Generalnorm (in Frage steht dann auch die Anwendung der §§ 826 und 817 Satz 2 BGB), in die auch grundgesetzliche Wertungen einfließen; dies zumal, wenn sich nachträglich neue Erkenntnisse ergeben haben. Zum letzteren ist bedeutsam, dass sich das Unwesen der haustürvermittelten kreditfinanzierten Immobilienanlageverträge, die mit Personen der unteren Einkommensklassen geschlossen werden, als Massenphänomen erst in den letzten anderthalb Jahrzehnten entwickelt hat (offensichtlich seit der Aufhebung des früheren § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO) und dass erst in den letzten Jahren offenbar geworden ist, nachdem diese Verträge in größerem Umfang notleidend geworden und vor die Gerichte gekommen sind, welche Schäden hier angerichtet werden und in welchem Ausmaß in verantwortungsloser Weise Angehörige der einfachen Bevölkerungsschichten in Schwierigkeiten und Bedrängnis gebracht werden (vgl. u.a. Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 427 ff. u. 469 ff.). Eine zweite Erfahrung gerade aufgrund der Rechtsanwendung der letzten Jahre ist: Ein Teil der Gerichte, denen das Festhalten der Haustürkunden an den ihnen aufgedrängten Anlage- und Kreditverträgen nicht hinnehmbar erscheint, sind bestrebt, hier zu „helfen“, und zwar mit formellen Vorschriften des Verbraucherschutzrechts – insbesondere den auch vorliegend herangezogenen Belehrungsvorschriften des Haustürwiderrufgesetzes und mit § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b VerbrKrG -, die teilweise sehr extensiv angewendet werden. Dieser Weg ist jedoch letztlich ein unzureichender Notbehelf. Dies nicht nur, weil derartige nachträgliche Entdeckungen formaler Defizite (für die Kreditinstitute in der Regel völlig überraschend) nur zeitweilig Abhilfe schaffen – die rechtlich beratenen Immobilienverkäufer und Kreditinstitute werden künftig derartige formellen Pannen vermeiden -, sondern vor allem auch, weil die Zuflucht zu solchen Formalien, die sich mehr oder weniger zufällig anbieten und die eigentlich für andere Zwecke geschaffen wurden, zu einer verhältnismäßig komplizierten, in vielen Punkten zweifelhaften und streitigen Rechtsanwendung führen, die die Gerichte teilweise überfordert und deren Ergebnisse eben weitgehend zufällig sind. Insofern dürfte es richtiger sein, das rechtlich für geboten Gehaltene statt auf verwinkelten Umwegen durch die einfache und direkte Anwendung des § 138 BGB zu verwirklichen.
Zum Argument, das mit den Widerrufsrechten des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes eingeräumte Wahlrecht sei für den Kunden interessengerechter als die zwingende Rechtsfolge der Vertragsnichtigkeit, ist zu sagen: Soweit man diesen Einwand überhaupt für gewichtig hält (dem Kunden hilft im Fall der Vertragsnichtigkeit weitgehend schon die Verbundrückabwicklung, und insofern dürfte sich die Auffassung vertreten lassen, dass auch § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, soweit er die Verbundrechtsfolgen ausschließt, im Falle der Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit nicht anwendbar ist), kann ihm ohne weiteres durch eine teleologisch einschränkende Anwendung des § 138 BGB Rechnung getragen werden (vgl. zur Frage der teleologischen Reduktion des 138 BGB nach dem Normzweck im Einzelfall: Sack, in: Staudinger, BGB, §§ 134 – 163, Bearbeitung 2003, § 138 Rn. 94): Eine angenommene Sittenwidrigkeit bei den vorliegenden Verträgen zum Schutz des Kunden führt analog § 135 Abs. 1 Satz 1 BGB zur relativen Unwirksamkeit des Vertrages (für dieses Ergebnis im Hinblick auf die frühere angenommene Vertragsnichtigkeit gemäß § 134 i. Verb. m. § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO: u.a. Hopt, NJW 1985, 1665, 1668). D.h. die Verträge sind als unwirksam zu behandeln, solange der Haustürkunde sie nicht (nach Kenntnis der Vertragsunwirksamkeit) bestätigt hat: der Sache nach ein Widerrufsrecht des Kunden, das aber, anders als die Widerrufsrechte nach dem Haustürwiderrufsgesetz und dem Verbraucherkreditgesetz, unbefristet ist. Zur Vermeidung einer den Vertragsgegnern nicht zumutbaren dauernden schwebenden Unwirksamkeit dürfte es richtig sein, ihnen analog §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2 BGB das Recht zu Setzung einer Frist einzuräumen, innerhalb deren sich der Kunde zur Fortdauer der Unwirksamkeit zu erklären hat.
7. Das erkennende Gericht will vorliegend die Sittenwidrigkeitsfrage nicht entscheiden und zur Urteilsgrundlage machen; hier wäre vor allem auch zu prüfen, ab welcher Größenordnung der Vermögensanlage § 138 BGB anzuwenden ist (nur beim Erwerb einer Eigentumswohnung oder auch bei Immobilienfondsbeteiligungen, die in den 90er Jahren vielfach ab einer Gesellschaftereinlage von 20.000 DM oder 30.000 DM angeboten wurden; unerheblich dürfte wohl sein, ob das Geschäft in concreto tatsächlich sehr nachteilig und risikoreich war und ob sich nachträglich Verluste ergeben haben). Nach der vorliegend vertretenen Rechtsauffassung gibt es schon die zwei anderen Anspruchsgründe (Haustürwiderrufsgesetz und Nichtigkeit des Darlehensvertrages gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG), die zum Erfolg der Klage führen, und auf den Gesichtspunkt der möglichen Sittenwidrigkeit ist bisher nicht, wie gemäß § 139 Abs. 2 ZPO erforderlich, hingewiesen worden, was verfahrensrechtlich trotz der jetzt schon gegebenen Entscheidungsreife zur Wiedereröffnung der Verhandlung führen müsste. Die Frage der Sittenwidrigkeit wird aber, falls die Beklagte Rechtsmittel einlegt und bezüglich der vorliegend bejahten Anspruchsgrundlagen der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht gefolgt wird, von den höheren Instanzen zu prüfen und zu entscheiden sein.