OLG Thüringen: Darlehen muß nicht zurückgezahlt werden
Vor dem Thüringer Oberlandesgericht in Jena konnte sich ein von der Rechtsanwaltskanzlei Röhlke vertretener Anleger der Leipziger Wohnungsbaugenossenschaft TERENO eG gegen den Insolvenzverwalter Heinrich Müller-Feyen durchsetzen, zuständig für die Insolvenz der Singener Privatbank Reithinger (Urteil vom 06.05.2008). Die Skandalbank hatte dem Anleger ein Darlehen zur Finanzierung seines Genossenschaftsanteils gewährt. Die Thüringer Richter nahmen hier ein sog verbundenes Geschäft an, das vom Anleger ordnungsgemäß widerrufen wurde. Die Folge ist, das der Anleger die bisher an die Bank gezahlten Gelder im Insolvenzverfahren als Forderung anmelden kann, der Insolvenzverwalter aber kein Geld mehr von dem Anleger fordern kann.
In dem Berufungsverfahren ging es nur noch um die Frage, ob es sich bei der Kombination zwischen dem Darlehensvertrag und dem Genossenschaftsbeitritt um ein sog. Verbundenes Geschäft handelte. Die Berechtigung des vom Anleger erklärten Widerrufs des Darlehensvertrages dagegen hatte bereits das Landgericht Gera als erste Instanz festgestellt – die Belehrung der Privatbank Reithinger über ein Haustürwiderrufsrecht war fehlerhaft.
Anders als das Thüringer OLG hatte das LG Gera jedoch die Voraussetzungen eines verbunden Geschäftes verneint, da nach einer Randbemerkung in einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus 2004 die Rechtsfigur des „verbundenen Geschäftes“ bei Genossenschaften generell nicht angewendet werden könne. Die Rechtsfolgen für den Anleger waren unangenehm: ist der Darlehensvertrag widerrufen, müssen die von der Bank an den Anleger geleisteten Zahlungen zurückgezahlt werden, und umgekehrt. Da der Anleger erst wenig Tilgung geleistet hatte, die Bank aber einen wesentlich höheren Betrag als Darlehen gewährt hatte, machte sie diesen erfolgreich mit einer Widerklage geltend. Der Schuß ging für den Anleger damit nach hinten los.
Bei der von den Oberlandesrichtern nun angenommenen Verbundkonstruktion ist das anders. Hier kann der Anleger zwar seine Leistungen an die Bank zurückfordern, die Bank aber muß anstelle des ausbezahlten Darlehens das entgegennehmen, was der Anleger mit dem Geld bezahlt hat – das ist der Anteil an der TERENO eG.
Ein ähnliches Urteil erzielte Röhlke bereits in 2006 vor dem LG Wuppertal, wo das Verfahren wegen der Reithinger-Insolvenz bisher ruhte, jetzt aber wieder aufgenommen werden soll. „Richtigerweise wurde hier das Genossenschaftsmodell nicht anders behandelt als ein geschlossener Immobilienfonds in Form einer Kommanditgesellschaft. Denn es ging meinem Mandanten auch hier um eine Kapitalanlage, die von den Initiatoren nur deshalb als Genossenschaft konzipiert wurde, um die Anleger in den Genuß der staatlichen Eigenheimzulage zu bringen, die aber regelmäßig an die Bank abgetreten werden mußte“, meint Rechtsanwalt Röhlke aus Berlin.
Viele Finanzämter haben die Eigenheimzulage jedoch inzwischen zurückgefordert, da eine vom Bundesfinanzministerium aufgestellte Mindestinvestitionsquote von der TERENO eG nicht erreicht wurde. Derzeit ist ein Rechtstreit zwischen TERENO und Finanzverwaltung anhängig, ob die Mindestquotenvorschrift rechtens ist.
Für die Anleger von Genossenschaften wie TERENO oder EURANova, die aufgrund der Förderrichtlinien des Eigenheimzulage-Gesetzes meist geringverdienend und kinderreich sind, stellen sich diese Rückforderungen als stark belastend dar, denn sie müssen einerseits die zwar von ihnen beantragte, aber wirtschaftlich der Reithinger Bank zugeflossene Eigenheimzulage zurückzahlen, andererseits sollen sie nach dem bisherigen Willen des Insolvenzverwalters weiter auf das Darlehen zahlen. Ob die Genossenschaftsbeteiligung dagegen das gezahlte Geld wert ist, ist ungewiß.
Gegen das Urteil des OLG Thüringen ist die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.