Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die ehemaligen Vorstände der Internetbank Systracom AG
zu Schadensersatz in Millionenhöhe verurteilt. Interessant an dem Urteil vom 02.06.2008 (II ZR 210/06) ist vor allem, das die Haftung aus der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens hergeleitet wurde. Eine Klärung der Frage, ob auch eine bunte Unternehmenspräsentation einen haftungsrechtlich relevanten Prospekt darstellen kann, blieb dagegen aus.
Die Vorstände hatten auf einer Präsentationsveranstaltung der Systracom AG versucht, neue Anleger im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu gewinnen. Den Zuhörern wurde dabei eine 24-seitige bunte Unternehmensbroschüre ausgehändigt, die auch Schaubilder, Tabellen und Zahlen enthielt. Die Zahlen waren teilweise veraltet und falsch. Mündlich teilten die Vorstände auf der Präsentation im Rahmen eines Vortrages die finanzielle Lage der Bank falsch mit und erweckten den Eindruck einer unzutreffend hohen Kapitaldecke. Ein halbes Jahr nach dieser Veranstaltung und nach Zeichnung von Aktien durch die Kläger ging die Bank in die Insolvenz.
Das Kammergericht hatte eine Haftung der Vorstände aus Prospekthaftung angenommen, weil die 24-seitige Informationsbroschüre als Prospekt anzusehen sei und falsche und veraltete Zahlen enthalte. Diese Argumentation berührt die streitige Frage, ab wann ein Druckwerk als Prospekt im Sinne der Prospekthaftung anzusehen ist. Der BGH ließ die Frage offen, da der letztlich nicht auf die sog. Haftung für typisiertes, anonymes Vertrauen in die Richtigkeit eines Prospektes abstellte, sondern auf das konkrete, individuell den Vorständen auf der Präsentationsveranstaltung entgegengebrachte Vertrauen.
Dies rechtfertigt nach Ansicht der Bundesrichter, da die Vorstände hier persönlich ein falsches Bild der Finanzlage der AG zeichneten, eine Haftung aus sog. Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Denn gerade den Geschäftsleitern eines kapitalsuchenden Unternehmens obliegt es, Risikokapitalgeber wahrheitsgemäß über die Lage der Gesellschaft zu informieren.