Zur Hinweispflicht auf negative Pressemeldungen

vom 15. September 2008

In einer aktuellen Entscheidung hat sich das Landgericht (LG) Köln

zur Frage geäußert, welchen Hinweispflichten ein Kapitalanlagenvermittler im Falle negativer Presseveröffentlichungen über die vertriebene Kapitalanlage unterliegt. Das LG kam zu dem Ergebnis, dass mittelbar eine Hinweispflicht auf einen negativen „Prospekt-Check“ des Branchendienstes “Kapital-Markt intern“ (kmi) besteht, weil die in dem Prospekt-Check enthaltenen Hinweise von dem Vermittler bei der von ihm vorzunehmenden Plausibilitätsprüfung zu beachten sind (LG Köln, Urteil vom 26.08.2008 – 37 O 757/07).

Die Frage der Hinweispflicht auf negative Berichte in der „seriösen“ Wirtschaftspresse einerseits und in den sogenannten „Brancheninformationsdiensten“, namentlich des „Gerlach-Reports“ und kmi beschäftigt die Gerichte seit einiger Zeit. Ausgangspunkt ist die Feststellung des Bundesgerichtshofes, dass z.B. eine Bank, die für eine Anlageempfehlung das Vertrauen der Kunden in Anspruch nimmt, diesen über kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse unterrichten muß (z.B. BGH 06.07.1993 – XI ZR 12/93 und BGH 21.03.2006 – XI ZR 63/05). Gemeint ist hiermit wohl die „seriöse“ Wirtschafftspresse, was immer man darunter verstehen mag. Nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte soll eine solche Hinweispflicht zwar gelten, aber nicht dann, wenn in der seriösen Presse keine Informationen veröffentlicht werden, die nicht ohnehin in einem Prospekt stehen, der dem Anleger auch übergeben wurde (z.B.: OLG Hamm 4 U 37/04 vom 20.07.2004; OLG München 15 U 3503/03 vom 28.04.2004; OLG Frankfurt/Main 13 U 243/03 vom 08.10.2004).

In den erwähnten Entscheidungen, die sich alle mit dem „Dreiländerfonds“ DLF 94/17 befassen, nehmen die drei Obergerichte auch Stellung zur Frage der Hinweispflicht auf Meldungen von kmi. Das OLG Hamm spricht kmi generell die Seriosität ab, weshalb auf Warnungen in dem Branchendienst nicht hingewiesen werden muß. Das OLG München verneint bereits eine Pflicht, Publikationen wie kmi, den Gerlach-Report oder den Platow-Brief überhaupt zu verfolgen und auszuwerten. Auch das OLG Frankfurt/Main kommt zu dem Schluß, auf die Stimmen kleiner, gering verbreiteter Organe komme es nicht an.

In dieselbe Richtung argumentiert das Berliner Kammergericht (KG) im aktuellen Beschluß 17 U 34/07 vom 24.07.2008. Danach besteht keine Pflicht, schlechthin über negative Presseberichterstattung aufzuklären, konkret ein negativer Prospekt-Check von kmi. Nur über zeitnah geäußerte, substanzhaltige Verdachtsmomente oder eine tatsächlich bereits vorhandene negative Entwicklung des Anlageobjekts sei danach zu informieren.

Eine solche hat das OLG Dresden (Urteil 12 U 87/06 vom 12.07.2006) dagegen einem kmi Prospekt-Check entnommen, in dem auf die hohe Fremdkapitalquote und die Zweifel an der prognostizierten Mietsteigerung eines geschlossenen Immobilienfonds hingewiesen wurde. Demgemäß wurde eine Aufklärungspflicht bejaht.

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) teilt die rigide Ablehnung von Branchendiensten nicht. In dem Urteil III ZR 20/05 vom 09.02.2006 wird explizit auf einen Hinweis des Gerlach-Reports abgestellt, nach dem die prognostizierten Mieteinnahmen eines geschlossenen Immobilienfonds deutlich über den Werten des RDM-Mietenspiegels lagen. Der BGH kommt indes nicht zu einer Aufklärungspflicht über die Publikation selbst, sondern hält es für möglich, das derartig publizierte Tatsachen im Rahmen der vom Vermittler gebotenen Plausibilitätsprüfung berücksichtigt werden. Auch in der Entscheidung II ZR 197/04 vom 18.04.2005 verwirft der BGH Veröffentlichungen von kmi und Gerlach-Report nicht als irrelevante Einzelmeinungen über die berüchtigte „Göttinger Gruppe“, sondern stellt auf die in den Berichten erwähnte geringe Investitionsquote der Anlagegesellschaft ab, die zu einer Haftung der Verantwortlichen auch wegen Betruges führen könnte.

„Die aktuelle Entscheidung des LG Köln zeigt, wie mit der Frage der Hinweispflicht umgegangen werden kann“, so der Berliner Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke.“Sofern der Bericht nachprüfbare Fakten und begründete Zweifel an den Prognosen der Anbieter enthält, hat der Vermittler das bei der Plausibilitätsprüfung zu beachten. Sonst haftet er.“

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Über RA Christian Röhlke

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